Test: RS²E Race Mapping V2021 für BMW Motorräder
Die Software-Ingenieure Rainer und Robert Stelzenberger aus Niederbayern, die u.a. im BMW-Rennteam in der World Superbike (WBSK) mitgewirkt haben, bieten mit Ihrer Firma RS²-Engineering ein breites Produktportfolio zur Optimierung von BMW-Motorrädern. Die Möglichkeiten reichen vom einfachen Deaktivieren von Servicemeldungen, über die Nachrüstung von Blipper-Schaltassistenten (Schaltassistent Pro nachrüsten für ältere BMW Modelle) bis hin zur Anpassung der Motorsteuergeräte-Software. Power-/Dynamik Mapping und Race Mapping sind hier die Schlagworte, die für diverse aktuelle und auch ältere BMW-Motorrad-Modelle zur Verfügung stehen.
S1000-Modellreihe:
- Race Mapping PRO für BMW S1000RR (2019-2021)
- Race Mapping für BMW HP4, S1000RR, S1000R, S1000XR (2010-2020)
- Power Mapping für BMW HP4, S1000RR, S1000R, S1000XR (2010-2020)
F750-Modellreihe:
F900-Modellreihe:
R Nine-T Modellreihe:
K-1600 Modellreihe:
R1200/R1250er Modellreihe:
Nach unserem Test des PowerMappings im Jahr 2017 (Powermapping: Tuning für BMW S1000R) haben wir uns dieses Jahr an das neue Race-Mapping V2021 gewagt, um zu schauen, welche Weiterentwicklung stattgefunden hat und um die einzigartig angepasste Traktionskontrolle mit World Superbike (WSBK) Technologie auf unserem Straßenmotorrad kennenzulernen.
Für den Ausbau der ECU stellt RS²E auf Ihrer Homepage modellabhängige Ausbauanleitungen zur Verfügung, sodass selbst ungeübte Schrauber hier schnell zu Ihrem Ziel kommen. Anschließend dauerte der gesamte Vorgang, von Kontaktaufnahme, über Versand und anschließendem Rückversand des Steuergeräts, gerade einmal 10 Werktage. Insgesamt ein sehr sympathischer und vor allem kompetenter Austausch sowie eine schnelle professionelle Abwicklung. So soll es sein!
Elektronik wie in der WSBK – auf dem Seriensteuergerät!
Auf Serienbikes wird die DTC (Dynamic Traction Control / Dynamische Traktionskontrolle) bei BMW konventionell über die Drosselklappenstellung gesteuert. Hebt das Vorderrad ab oder dreht das Hinterrad durch, wird über das elektronische Schließen der Drosselklappe die Leistung – unabhängig von der Gasgriffstellung des Fahrers – verringert, um so das Drehmoment zu reduzieren, bis die Fahrsituation stabilisiert ist. Mit ihrer Softwareversion V2020 haben die RS²E-Jungs ihre Erfahrungen aus der WSBK auf die Straße gebracht und die Funktion der Traktionskontrolle komplett überarbeitet.
Die Wheelie- und Traktionskontrolle arbeitet nach der Motorsteuergeräteaktualisierung über eine definierte Zylinderausblendung. Die Zylinder werden selektiv in bis zu 16 Stärkestufen ausgeblendet, die Verbrennung für einen oder mehrere Zylinder also unterdrückt. Dabei arbeitet in der kleinsten Regelstufe ein Zylinder alle zwei Arbeitstakte nicht. In der stärksten Regelstufe würden alle Zylinder abgeschaltet werden (wie beim konventionellen Drehzahlbegrenzer) – in diesen starken Regelbereich kommt man im Rahmen der Traktionskontrollregelung in der Praxis jedoch nicht.
Durch die Zylinderausblendung erfolgt der Traktionseingriff, gegenüber der herkömmlichen Variante, deutlich schneller und ein ruckartiger Drehmomentanstieg beim Aufsetzen des Vorderrads nach einem Wheelie wird ebenso vermieden.
Mehr „Freude am Fahren“ durch hörbare Traktionskontrolle
Als besonderes Highlight wird der Arbeitsbereich der Traktionskontrolle durch die Zylinderausblendung für den Fahrer akustisch wahrnehmbar. Auf Grund des Fehlens einzelner Zylinderzündungen ergibt sich ein unregelmäßiges Verbrennungsgeräusch, das dem Fahrer auditive Rückmeldung über die Funktion und Stärke der Regelung gibt. Hat man sich an dieses „andere Motorengeräusch“ während der Regelphase der DTC erst einmal gewöhnt, würde man am liebsten bei jedem Beschleunigen aus der Kurve eine leicht regelnde Traktionskontrolle hören. Wahnsinn, dieses Geräusch macht süchtig!
Zusätzlich wird durch die neue Programmierung der DTC eine gangabhängige Regelung möglich. Ein sehr starker Eingriff im 1. Gang (für geringere Wheelieneigung), sowie ein abfallender Eingriff im Verhältnis der Getriebeübersetzung der weiteren Gänge gewährleisten eine optimale Beschleunigung in allen Gängen. Hier merkt man beim Fahren sofort einen sehr deutlichen Unterschied gegenüber der Serienregelung.
Unterschiedliche Versionen
Die Softwareupdates, die in fast allen Bereichen mit der V2021 der Race- und PowerMappings nochmals optimiert wurden, sorgen für maximale Leistung und Drehmoment, sowie eine optimierte Gasannahme. Sie sind sowohl für Bikes mit Serienabgasanlage als auch für Motorräder mit Zubehör-/Raceauspuff erhältlich. Da auch Drehzahl-Überschwinger durch die definierte Zylinderausblendung vermieden werden, kann durch einen dadurch weicher einsetzenden Drehzahlbegrenzer ebenfalls eine neue Maximaldrehzahl realisiert werden.
Durch die neue „befeuerte Motorbremse“, wird, bei geschlossenem Gasgriff, weiterhin kontinuierlich leicht Benzin eingespritzt und somit ein weicheres Ansprechverhalten beim Übergang von Bremsen zum Beschleunigen erreicht. Diese Funktion ermöglicht es endlich auch, im 6. Gang bei 40-50 km/h durch den Ort zu rollen, ohne ein lästiges ruckelndes Fahrverhalten, dem bekannten Konstantfahrruckeln.
Blitzschnelle Gangwechsel
Was bereits nach wenigen Fahrmetern nach dem Update auffällt, ist die ebenfalls überarbeitete Funktionsweise des Schaltassistenten. Butterweich und vor allem deutlich schneller als zuvor in der Serienversion flutschen die Gänge beim Betätigen des Schalthebels – auch bei niedrigen Drehzahlen. Selbst gegenüber der bereits von uns getesteten V2017 ist ein deutlicher Unterschied spürbar.
Besonders beim harten Anbremsen und Runterschalten vor engen Kurven und Spitzkehren merkt man die Entwicklungsarbeit, die in der Software steckt. Durch den nahezu unbemerkten, blitzschnellen Gangwechsel, der durch automatisches Zwischengas die perfekte Drehzahl am Motor anliegen lässt, kann man sich, ohne größere Lastwechsel oder Unruhen im Fahrwerk, voll und ganz auf das Bremsmanöver und die Linienwahl am Kurveneingang konzentrieren, was ebenfalls ein großes Sicherheitsplus bedeutet. Wem der Schaltassistent in der OEM-Konfiguration noch zu träge ist, der kann sich nach der Aktualisierung auf eine präzises und knackiges neues Schalterlebnis freuen.
Softwareupdate statt neues Motorrad?
Anders als beim Chip-Tuning bei Autos, wo es nur um mehr Leistung und/oder mehr Drehmoment geht, ist das Tuning des Bikes bei den Motorsteuergerätemappings von RS²E nebensächlich. Die Leistungssteigerung des Motors liegt nach dem Update bei etwa 8PS, das Drehmoment steigt um ca. 5Nm. Viel wichtiger sind hier jedoch die Optimierungen der Fahrassistenten des Motorrads. Gangabhängige Traktionskontrolle mit selektiver Zylinderausblendung aus dem Rennsport, blitzschneller Schaltassistent, weich einsetzender Drehzahlbegrenzer sowie eine optimierte Gasannahme machen hier den Unterschied. Das RaceMapping für unsere S1000R (BJ 2017) kostet regulär 699 Euro (PowerMapping 499 Euro). Wer wie wir, bereits eine Vorversion der Mappings nutzt, zahlt nur 350 Euro.
Ambitionierte Biker, die mit ihrem Bike zufrieden sind und nicht immer das neueste Serienmodell in der Garage stehen haben müssen, erhalten für diesen Preis per Software-Update gefühlt ein neues und vor allem (in allen erwähnten Bereichen) besseres, Motorrad. Vielleicht sogar besser als das neue Modell des Herstellers …
Sehr interessanter Bericht. Vielen Dank dafür.