Test: Sena 60S – Motorrad Headset mit unbegrenzter Reichweite!? [Updated: 05.09.2025]
Die Marketing-Versprechen von Sena für das neue 60S Intercom sind groß: Unbegrenzte Reichweite, KI-Sprachsteuerung, kristallklarer Klang. Dazu ein wasserdichtes Gehäuse, eine Taschenlampe sowie Status-Signalisierung per LED-Streifen. Klingt nach Eierlegender Wollmilchsau. Verspricht Sena hier zu viel oder kann das Gerät wirklich das, was sich die Motorrad-Community seit langem gewünscht hat. Wir haben das Sena 60S ausführlich getestet und uns die Details angeschaut.

Auf längeren Touren mit Bikerfreunden kommt es immer wieder zu Situationen in denen eine Absprache unter den Teilnehmern nötig ist. Ob Tankstopp, Straßensperrung oder Essenspause, die Kommunikation unter Motorradfahrern ist schwierig. Gerne verständigt man sich dann mit Händen und Füßen. Das klappt, je nach Situation, oft mehr oder weniger gut. Abhilfe schafft hier ein Kommunikationssystem, mit dem sich alle Beteiligten problemlos verständigen können. So können Routenänderungen, Sightseeing-Infos und Tankstoppplanungen einfach miteinander abgesprochen werden. Eine Herausforderung die sich dabei jedoch immer stellt ist die Reichweite in der sich die Gesprächspartner befinden.




Die Historie der Intercom-Kommunikation
Die ersten Intercom-Systeme (zB. Sena 20S) basierten auf reinem Bluetooth. Bei dieser Technologie mussten alle Kommunikationspartner sich zuerst miteinander koppeln um überhaupt ins Gespräch kommen zu können. Anschließend versprach die (Marketing-)Reichweite eine Kommunikation in bis zu 2km Entfernung. In der Praxis waren häufig 250m auf grader Strecke schon zu viel. In Innenstädten mit Kurven, Abzweigungen, Häusern und weiteren Störobjekten war oft auch schon bei Verlust des Sichtkontakts Schluss. Die Kopplung zu anderen Mitfahrern brach ab und musste im Anschluss manuell per Knopfdruck neu initiiert werden.
Als Nachfolger des 20S kam mit dem Sena 30K (Testbericht Sena 30K) das erste Motorrad Headset auf den Markt, dass die auf WLAN basierende Mesh-Technologie implementiert hatte und Abhilfe gegen das Kopplungsproblem schaffen sollte. Wenn alle Gesprächspartner mit dieser Technologie ausgestattet waren, reichte ein einfacher Knopfdruck zur Aktivierung des Mesh-Modus und dem gewünschten Kanal und alle Headsets im Umfeld, die den selben Mesh-Kanal gewählt hatten, waren miteinander verbunden. Ein großer Komfortgewinn, doch das Reichweiten Problem blieb bestehen.
Mit der 50er-Serie (Sena 50S und 50K im Test) brachte Sena dann ein Update des Mesh-Protokolls (Mesh 2.0) und Bluetooth 5.0. Die neue Mesh-Version sollte für eine bessere Sprachqualität dank gesteigerter Datenübertragungsrate sorgen, die neue Bluetooth Version gleichzeitig für einen geringeren Stromverbrauch. In der Praxis funktioniere das sehr gut und wir waren die letzten 5 Jahre mit dem Sena 50S auf Europas Straßen unterwegs. Die meiste Zeit konnten wir uns dabei auf das Motorradfahren konzentrieren und wurden nicht von Problemen mit dem Headset abgelenkt. Ein generelles Problem blieb jedoch immer bestehen – die Reichweite. Mit dem 50S zwar schon stark verbessert, in der Praxis war aber auch hier bei 400-500 Metern Schluss. In bergigen Regionen wie den Dolomiten oft aber auch schon, wenn die Fahrer durch mehr als eine Kurve getrennt waren.



WAVE-Technologie
Nun also bringt Sena ein neues Modell auf den Markt – das Sena 60S – und verspricht dank neuer WAVE-Technologie eine unbegrenzte Reichweite. Was steckt dahinter?
Im Gegensatz zu den herkömmlichen oben erwähnten Techniken aus den Vorgängermodellen, die sich auf Bluetooth oder Mesh verlassen, nutzt WAVE Voice over IP (VoIP). VoIP ist der Standard für Gesprächskommunikation über das Mobilfunknetz. Da der Mobilfunkempfang meist flächendeckend verfügbar ist, nutzt Sena diese Technologie um eine (nahezu) unbegrenzte Reichweite zu ermöglichen.
Mit Mesh 3.0 und Bluetooth 5.3 sind die bekannten und abermals auf neusten Stand aktualisieren Technologien weiterhin an Board. Sollte die Netzabdeckung einmal ausfallen, schaltet das Sena 60S dann nahtlos auf das bewährte Mesh Intercom-Netzwerk zurück, sodass der Kontakt zur Gruppe bestehen bleibt. So zumindest in der Theorie.
Da das Sena 60S selbst keinen eigenen Mobilfunkchip verbaut hat, nutzt Sena die vorhandenen Implementierungen um WAVE verfügbar zu machen. Das Headset wird per Bluetooth mit dem Smartphone gekoppelt. Auf diesem läuft die Sena Wave-App die wiederum die Mobilfunkfunktionen des Handys nutzt. Als weiteres Schmankerl zeigt die App dank der integrierten Geolokalisierung in Echtzeit die Positionen der Gruppenmitglieder auf einer Karte an.
Doch wie sieht es in der Praxis aus? Gerade in Deutschland haben wir immer wieder mit sogenannten „weißen Flecken“ zu tun, also Gebieten in denen kein Mobilfunkempfang verfügbar ist. Bei unseren Testfahren durch das Weserbergland und den Harz stießen wir somit in der Realität immer wieder auf Probleme mit der WAVE-App. Sobald das Smartphone keinen Mobilfunkempfang mehr hat, schaltet die App nach wenigen Sekunden auf die Mesh Technologie um, jeder nicht wieder automatisch zurück, sobald das Handy wieder Netz hat. Dies macht die App in Deutschland so gut wie unnutzbar, wenn man nicht gerade nur in urbanen Gebieten unterwegs ist.
Bei unseren Testfahren stellte sich noch ein weiterer sehr großer Nachteil der WAVE-App (Unser Test fand mit der App-Version 1.0.8 auf der iOS Plattform statt, die Firmware Version 1.1.6 war auf den beiden Sena 60S installiert) heraus. Die App muss die ganze Zeit im Vordergrund laufen. Wer, wie wir, das Smartphone auch als Navigationsgerät nutzt und somit z.B. die App Calimoto als Hauptapp nutzt, verliert nach wenigen Sekunden die WAVE Kommunikation und das Headset schaltet sofort auf Mesh um. Hier muss Sena dringend nacharbeiten und die App per Update fähig machen auch im Hintergrund ausgeführt werden zu können.
[Update 05.09.2025]:
Mittlerweile hat Sena eine neue Version der WAVE-App veröffentlicht. Wir haben die Version 1.0.14 von Ende August 2025 erneut getestet und können bestätigen, dass die App jetzt auch im Hintergrund läuft ohne sich zu beenden. Danke Sena!
Firmwareupdates endlich per Smartphone
Eine weitere Neuerung des Sena 60S ist das automatische Firmwareupdate per Smartphone. Über die Sena Motorcycles App lässt sich das per Bluetooth gekoppelte Headset mit einem Klick aktualisieren. Sobald eine neue Firmware zur Verfügung steht, zeigt die App einen entsprechenden Hinweis. Dies ist Gegenüber der Vorgängermodelle ein echter Mehrwert. So entfällt das lästige Anschließen von Kabeln die manuell ins Heim-WLAN eingebunden werden mussten – das oft belächelte WLAN-Kabel ist also Geschichte.





Hallo, kannst du mich hören?
Ein weiteres echtes Highlight des 60S ist die zweite Generation der Harman Kardon Lautsprecher. Die neuen 40-mm-Lautsprecher bieten neben einer stark gesteigerten Lautstärke vor allem eine deutlich gesteigerte Klangqualität was für klare Kommunikation und auf Wunsch auch ein erstklassiges Musikerlebnis über das integrierte FM-Radio sorgt. Die Soundqualität der neuen Lautsprecher ist wirklich ein Segen. Um es nochmals zu verdeutlichen: In der Praxis ist der Unterschied zu den Vorgänger Lautsprechern des 50S noch viel größer als diese Worte es beschreiben können. Selbst in lauten Innenstädten oder bei hohen Geschwindigkeiten lassen sich die Gesprächspartner einwandfrei verstehen.
Die zuvor beschriebene enorme Verbesserung der Sprachwiedergabe, könnte, neben den verbesserten Lautsprechern, auch auf die neue Geräuschunterdrückung zurückzuführen sein. Denn, wie heutzutage (leider) üblich, darf im Jahr 2025 kein Technik-Gadget mehr ohne AI / KI Funktionen auf den Markt kommen. So auch beim 60S. Wenn die KI jedoch wirklich, wie in diesem Fall, dazu beiträgt einen echten Mehrwert zu bieten, wollen wir hier mal nicht meckern. Laut Sena-Marketing passt sich die KI „in Echtzeit an die gegebene Fahrumgebung an und minimiert Wind- und Straßengeräusche für eine kristallklare Sprachübertragung.“ Was sollen wir sagen: Es funktioniert! Daumen hoch!
Sena macht auch die integrierte KI dafür verantwortlich, das Gerät freihändig bedienen zu können. Neben den bekannten Funktionen (Hey Siri und Hey Google), die den jeweiligen Assistenten auf dem gekoppelten Smartphone ansprechen, lässt sich jetzt über „Hey Sena“ auch das 60S direkt ansprechen und ermöglicht es damit die Intercom-Einstellungen anzupassen, Musik zu steuern, zu navigieren oder Anrufe entgegen zu nehmen. Alles mit der Stimme, sodass die Hände am Lenker und die Konzentration auf der Straße bleibt.
Hat man sich die möglichen Befehle erst einmal gemerkt, erleichtern sie die Bedienung. Da wir jedoch selten Musik auf dem Motorrad hören und auch die Einstellungen des Headsets nicht so oft verändern müssen, haben wir diese Funktionen im Alltag eher selten genutzt.
Was ist noch neu?
Das Sena ist jetzt nach Schutzklasse IPX7 spezifiziert. Das garantiert Wasserdichtigkeit. Im Zusammenspiel mit dem neuen magnetischen Montagesystem, von dem sich gleich zwei Halter im Lieferumfang befinden, ermöglicht dies das Intercom problemlos zwischen zwei Helmen zu wechseln. Für besondere Individualität oder ein gutes Farb-Zusammenspiel mit dem Helm liegen austauschbare Abdeckungen in vier Farben (dunkelchrom, metallisch-silber, perlmutt-weiß, glänzend-schwarz) im Lieferumfang bei. Passend zum Thema Farben ist auch die verbaute „Dynamic Motion LED“ die den Status des Geräts anzeigt. Weiterhin wurde das 60S mit einem integrierten LED-Licht ausgestattet. Diese Taschenlampe könnte zum Beispiel dabei helfen, wenn man im Dunkeln nach dem Schlüssel sucht. Nettes Gimmick was man aber nicht wirklich braucht.

Lieferumfang
- 60S Haupteinheit
- Helmklemme x 2
- Lautsprechersets x 2
- Mikrofone x 3
- Abdeckungen x 4
- Befestigungsplatte für geklebte Oberflächen
- Zusätzliche doppelseitige Klebebänder
- Lautsprecherpolster x 2
- Klettpads für Lautsprecher x 4
- Mikrofon-Schaumstoff x 4
- Klettpads für Mikrofone x 3
- Mikrofonbügelhalter
- Magnetische Abdeckung für Helmklemme
- 3,5-mm-Stereo-Audioadapter
- USB-C-Ladekabel
Eierlegende Wollmilchsau? Fazit
Das neue Sena 60S Motorrad-Kommunikationsgerät überzeugt vor allem durch neue Hardware und die neuen smarten Features. Dank WAVE-Technologie wird eine nahezu unbegrenzte Reichweite über das Mobilfunknetz ermöglicht/versprochen, sofern der Benutzer sein Smartphone gekoppelt und die entsprechende App auf dem Handy im Vordergrund gestartet hat – Mobilfunklöcher sind hier jedoch der Killer dieses Features. Die neu implementierte KI – kombiniert mit der neuen Version der Harman-Kardon Lautsprecher – bietet einen echten Mehrwert und einen großen Fortschritt in Sachen Klangqualität. Der simple over-the-air Updateprozess des Geräts über das Smartphone erleichtert es die neuesten Fehlerverbesserungen und Features auf das Gerät zu installieren.
Ob die neuen Features einen (tiefen) Griff in die Geldbörse rechtfertigen, lässt sich schwer sagen. Mit einem Anschaffungspreis von 399 Euro liegt das 60S ganz klar im oberen Preissegment. Unserer Meinung nach bietet die neue Generation aber in der Praxis diverse echte Mehrwerte. Bei einer Neuanschaffung macht man hier ganz sicher nichts falsch und wird viel Spaß an der neuen gewonnen Freiheit haben. Für Biker die bereits ein Sena aus einer vorherigen Generation haben, kommt eigentlich nur das Doppelset in Frage um von den neuen Features vollends zu profitieren. Das Dual Pack wandert für 749 Euro über die Ladentheke. Die Kosten hierfür lassen sich dann aber immerhin mit einem Kollegen teilen.
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